“Er schob die Hand immer weiter in Richtung meines Schritts”
Ich muss etwa 10 oder 11 Jahre alt gewesen sein. Mein bester Freund kam spontan mit seinem Vater vorbei, um mich zu fragen, ob ich mit auf ihren Ausflug kommen wollte. Weil seine Eltern sich schon lange vorher getrennt hatten und mein Kumpel während der ersten Jahre unserer Freundschaft nicht die beste Beziehung zu ihm hatte, kannte ich seinen Vater noch nicht. Aber das war ja eigentlich kein Problem. Ich hatte spontan Zeit und bin mit. Wir waren erst eine ganze Weile draußen unterwegs und soweit war auch alles cool, sein Vater war sehr nett und wir haben uns gut verstanden. Wir sind später zurück zu meinem besten Freund nach Hause, um einen Film zu schauen. Wir saßen alle nebeneinander auf dem Boden, sein Vater zwischen uns. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie es dazu kam, aber er hat meinen Kumpel auf sein linkes Knie genommen, mich auf das rechte und je einen Arm um uns gelegt. Ich war etwas verunsichert, denn sowas hatte kein Vater meiner Freunde vorher gemacht und ich kannte ihn schließlich kaum. Aber ich dachte mir dann nichts weiter dabei – oder versuchte das zumindest. Irgendwann stand mein Kumpel auf, um etwas zu trinken für uns alle zu holen, und wir blieben so sitzen. Sein Vater bewegte seinen Arm so, dass seine Hand auf meinem Oberschenkel lag, und fing an, mich zu streicheln. Dabei schob er die Hand immer weiter in Richtung meines Schritts, bis sie dort liegen blieb. Er streichelte mich weiter, übte Druck aus und fragte, ob sich das für mich gut anfühlte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich war völlig überfordert. Ich wusste, dass ich das Gefühl nicht mochte, und dass ich nicht wollte, dass er mich anfasste, aber ich hatte zu große Angst, es zu sagen. Ich machte ein zustimmendes „Mmh“ und hab mir einfach nur gewünscht, dass mein bester Freund bald wiederkäme. An einer Stelle im Film tat ich so, als fände ich die Handlung super witzig, und hab mich lachend nach vorne gebeugt, damit er mich nicht mehr anfassen konnte. Er hat versucht, mich zurückzuziehen, sodass ich mit dem Rücken wieder wie vorher an seiner Brust anlehnen würde, und hat mich gefragt, ob er nicht weitermachen soll. Ich wollte einfach nur weg. Als mein bester Kumpel wieder ins Zimmer kam, hab ich mich nicht getraut, etwas zu ihm zu sagen. Ich habe mich geschämt, als wäre es meine Schuld. Diese Scham hat jahrelang angehalten und ich wusste nicht, wohin damit. Ich habe mich nicht getraut, mit irgendwem darüber zu sprechen. Was, wenn man mir nicht glaubte? Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht, einen falschen Eindruck erweckt, sodass sein Vater dachte, er könnte das mit mir tun. Und schließlich hatte ich sogar gesagt, dass es mir gefallen hätte, anstatt seine Frage einfach mit Nein zu beantworten. Ich hab nur mein eigenes „Fehlverhalten“ gesehen. Das hat mich so sehr überfordert, dass ich einfach versucht habe, das Ganze zu verdrängen und so zu tun, als wäre es nie passiert. Ich weiß heute nicht einmal mehr, wie sein Vater aussah oder wie ich an diesem Tag nach Hause gekommen bin. Die Details, die ich bis heute weiß, sind die Dinge, die ich nicht vergessen konnte. Es ist über ein Jahrzehnt vergangen und ich weiß mittlerweile, dass ich absolut keine Schuld trage. Aber die Scham ist trotzdem noch da. Bis heute hab ich es nicht über mich gebracht, mit jemandem darüber zu sprechen.